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Montag, 21. November 2022

Kritik von Ökostrom-Anbietern
an geplanter Strompreisbremse:
Nachteile für Erneuerbare
- Vergünstigungen für Atom und Kohle

Strompreisbremse- Grafik: Samy - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Die von der Bundes­regierung angekündigte Strompreis­bremse geht zu Lasten der erneuerbaren Energien und verschafft Atom und Braunkohle zusätzliche Vorteile durch die Hintertür. Obwohl die erneuerbaren Energien keinen Anteil an den steigenden Preisen für Strom, Öl, Gas und Benzin haben, sondern im Gegenteil durch ihre stetig gesunkenen Gestehungskosten das Erfolgsmodell für sinkende Energiepreise sind, bevorzugt die Ampel-Regierung die großen Strom- und Fossil-Konzerne. Die Ökostrom-Anbieter Green Planet Energy (zuvor: Greenpeace Energy), naturstrom und Elektrizitätswerke Schönau (EWS) warnen in einem Offenen Brief: "Die vorgesehenen Regelungen behindern die Energiewende und würden die Strompreise für Ökostrom-Kundinnen und -kunden in vielen Fällen sogar zunächst verteuern."

Die Ökostrom-Anbieter kritisieren insbesondere den geplanten Abschöpfungs-Mechanismus für langfristige Ökostrom-Verträge – die so genannten grünen "Power Purchase Agreements" (PPA). Aktuell ermöglichen diese PPAs eine direkte Versorgung aus Wind- und Solarparks zu fixen Preisen, die typischerweise deutlich unter dem Niveau der Strombörsen liegen. Nach Informationen von Green Planet Energy will die Bundesregierung diese Ökostrom-PPAs aber nicht entsprechend den darin vereinbarten Preisen abschöpfen, sondern auf Basis fiktiver Erlöse, die sich von der Strombörse ableiten.

Wenn Windparks und Solaranlagen aber in PPAs zu bestimmten Zeiten mit hohen Börsenpreisen mehr zahlen müssen als sie überhaupt verdienen, können sie solche Verträge nicht mehr abschließen. Die Konsequenz wäre, daß die grünen PPA-Kraftwerke bei einer solchen Preiskonstellation entweder abgeschaltet würden, was das Stromangebot insgesamt weiter verknappen und die Preise weiter steigen lassen würde. Oder aber ihre Betreiber schließen erst gar keine PPA-Verträge mehr ab. Ökostrom-Versorger müßten dann ihrerseits die wegbrechenden Strommengen anderweitig beschaffen – zu deutlich höheren Preisen. "Absurder geht es kaum: Die Strompreisbremse würde Preissteigerungen dadurch sogar noch befeuern", kritisiert Nils Müller, Vorstand bei Green Planet Energy.

Während mit der Abschöpfung der PPAs Schaden für ambitionierten Ökostrom droht, ist geplant, ausgerechnet Atom- und Braunkohlekraftwerken großzügige Prämien und Aufschläge zu gewähren. Ein von Green Planet Energy beauftragtes Gutachten des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) zeigt, daß RWE so für die längst abgeschriebenen Meiler, die bis 2030 vom Netz gehen sollen, indirekte Entschädigungszahlungen von 266 Millionen Euro erhält. Dabei bekommt der Konzern ohnehin schon 2,6 Milliarden Euro Entschädigungssumme für den Kohleausstieg – und der Bundestag hatte entschieden, diese Zahlungen nicht zu erhöhen. Betreiber-Konzerne von Atomkraftwerken erhalten allein durch die Anhebung des zugrunde liegenden Abschöpf-Referenzpreises 324 Millionen Euro. Diese Summe steigt auf 432 Millionen, wenn alle Betreiber eine zusätzliche Dekontaminierungs-Prämie nutzen. "Diese ungerechtfertigten Begünstigungen sollten dringend komplett gestrichen werden", fordern die Ökostrom-Anbieter in ihrem Offenen Brief.

Die Ökostrom-Anbieter fordern, den geplanten Regelungen in dieser Form nicht zuzustimmen: "PPA-Anlagen dürfen nur dann abgeschöpft werden, wenn sie auch tatsächlich Übergewinne produzieren." Wie eine Abschöpfung von grünen PPAs sinnvoll ausgestaltet werden kann, zeigt eine von Green Planet Energy beauftragte Analyse von Fachleuten des Instituts Energy Brainpool: Die Strommarkt-ExpertInnen schlagen darin unter anderem vor, die Berechnung des Erlöses von Ökostrom-Anlagen auf Grundlage eines branchenweiten Vergleichswerts inklusive Sicherheitsmarge festzulegen.