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Donnerstag, 2. November 2023

Lagerung hochradioaktiven Atommülls
Gorleben ist zwar als "Endlager" raus - aber:
Wie steht es mit Tonschichten im Wendland?

Atommüll-Fässer in der Landschaft - Symbolbild - Foto: rabedirkwennigsen - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Im Wendland gibt es vier Gebiete, in deren Untergrund Opalinus-Tonschichten vorkommen. Manche ExpertInnen halten solche Tonschichten für ein Lager mit hochradioaktivem und wärme­abstrahlendem Atommüll für geeignet. Doch schon seit langem liegen wissenschaftliche Untersuchungen vor, wonach Opalinus-Ton unter Einwirkung von Radioaktivität und Wärme Risse bildet.

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) und die bundeseigene Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) werden demnächst im Rahmen des "Forums Endlagersuche" Stellung zu vier Beiträgen nehmen, die von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg eingereicht wurden. Dieses "Forum" findet am 17. und 18. November in Halle (Saale) statt. Dort wird es auch darum gehen, welche Konsequenzen das langfristige Fehlen eines sogenannten Endlagers für die 16 deutschen sogenannten Zwischenlager hat, an denen sich der hochradioaktive Müll derzeit völlig unzureichend gesichert in CASTOR-Behältern befindet.

Aufgrund der schlechten Erfahrungen der vergangenen Jahre sind die Mitglieder der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg allerdings skeptisch, ob ihre Argumente überhaupt zur Kenntnis genommen werden. "Um es deutlich zu sagen: Für uns sind diese Veranstaltungen lediglich von informativem Wert. Als Beteiligung im Sinne von Einflußnahme der Zivilgesellschaft im formalen, regulatorischen Sinne kann man das Forum Endlagersuche nicht bezeichnen", heißt es in deren Vorab-Stellungnahme.

Den offiziellen Planungen zufolge sollen von der BGE irgenwann einige Regionen in Deutschland genannt werden, die als potentielle "Endlager"-Standorte weiter obertägig erkundet werden sollen. Auf Antrag der "Fachkonferenz Teilgebiete" hätte durch das sogenannte Bundesumweltministerium zumindest geklärt werden sollen, daß alle Beratungsergebnisse von der BGE "berücksichtigt" werden müssen, und zwar in Anlehnung an die Regelungen des Standortauswahlgesetzes (StandAG). Das aber geschah nicht.

Aus Sicht der BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg steht nun als Erstes die Frage an, wo die schwach- und mittelradioaktiven Abfälle gelagert werden sollen. Auch in Gorleben gibt es eine Lagerhalle mit unbegrenzter (!) Laufzeit für solche Abfälle, die eigentlich zur Einlagerung im Schacht Konrad vorgesehen sind. Was aber, wenn ein Vorstoß von Umweltverbänden von Erfolg gekrönt ist? Das niedersächsische "Umwelt"-Ministerium muß deren Antrag auf Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses aus dem Jahr 2002 bescheiden. Das Kernargument der Konrad-GegnerInnen ist, daß das ehemalige Erzbergwerk nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht. Niemand würde heute auf ein ehemaliges Bergwerk als Atommülldeponie zurückgreifen. Wohin also mit dem Atommüll aus der Asse II und aus Gronau, die nicht im Schacht Konrad eingelagert werden dürfen? Wohin mit den Abfällen der Forschungsreaktoren?

Vor nur 10.000 Jahren waren weite Teile Norddeutschlands noch von mächtigen Eismassen bedeckt. Trotz Klimakrise ist damit zu rechnen, daß sich in mehreren 1000 Jahren die Vereisungszyklen mit Perioden von etwa 100.000 Jahren wieder einstellen werden. Die Vereisungen werden die Erdoberfläche und den Untergrund in den für eine "Endlager"-Suche zu berücksichtigenden eine Million Jahren verschiedentlich überprägen.

Die BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg fordert von der BGE eine Stellungnahme zu Fragen hinsichtlich der durch die Eisauflast induzierten Tektonik und zu einer mögliche Reaktivierung tiefer Störungen im Grundgebirge im Zuge zukünftiger Kaltzeiten.

Die Untersuchung dieser Problematik hat weitreichende Auswirkungen, denn als Konsequenz könnten weite Teile Norddeutschlands und der Alpenraum für eine unterirdische Lagerung von Atommüll nicht mehr in Frage kommen.

Das Wendland ist immer noch von der sogenannten Endlagersuche berührt. Es ist die Rede von vier Tongebieten, die im "Zwischenbericht Teilgebiete" seitens der BGE als potentiell geeignet charakterisiert wurden. Zur Debatte um diese Tongebiete hatte es bereits am 22. März 2023 eine Informationsveranstaltung für die Kreistage Lüneburg und Lüchow-Dannenberg in Hitzacker gegeben.

Auf Vorschlag der BI, des BUND und des Planungsteams "Forum Endlagersuche" befaßt sich nun ein großer Kreis von ExpertInnen mit dem Thema "Junge und alte Tone in der Endlagersuche". Eine Online-Veranstaltung wird zwei Impuls-Vorträge (je 45 Minuten) mit anschließendem Raum für Diskussionen (je 40 Minuten) umfassen. Für die Impulsvorträge haben Prof. Dr. Lawrence Warr (AG Ökonomische Geologie & Geochemie an der Universität Greifswald) sowie Dr. Stephan Kaufhold und Prof. Dr. Jochen Erbacher von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zugesagt.

Weitere TeilnehmerInnen sind nach aktuellem Stand Prof. Dr. Jutta Winsemann (AG Quartärgeologie, klastische Sedimentologie, Beckenanalyse an der Leibnitz Universität Hannover), Dr. Jochen Grötsch (Lehrbeauftragter Geo-Energie an der Universität Erlangen-Nürnberg, Vize-Präsident des Dachverbandes Geowissenschaften e.V. (DVGeo) und Sachverständiger des Nationalen Begleitgremiums in der Endlagersuche), Dr. Saleem Chaudry (Niedersächsisches Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie) sowie VertreterInnen der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) und des Atommüll-Bundesamtes BASE.

Bemerkenswert ist, daß Prof. Simon Löw von der ETH Zürich, der zur Rißbildung bei Opalinus-Ton geforscht hat, nicht eingeladen wurde.