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Samstag, 19. August 2023

Mit einem CASTOR-Transport
von Jülich nach Ahaus
ist noch in diesem Jahr zu rechnen

CASTOR nach Ahaus in 2023? - Grafik: Samy / Foto: PubliXviewinG - Creative-Commons-Lizenz Namensnennung Nicht-Kommerziell 3.0
Offiziell wird es zwar immer noch so dargestellt, als würden zwei verschiedene Optionen verfolgt, was mit dem Atommüll am Standort Jülich geschehen soll - möglich wäre der Neubau eines "Zwischen"-Lagers mit 3 Meter dicken Wänden oder der Transport ins "Zwischen"-Lager Ahaus. Die Stadt Ahaus ist nach wie vor dagegen. Doch ein Neubau in Jülich wird seit vielen Jahren systematisch verhindert.

Die Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN) arbeitet angeblich mit voller Kraft an beiden Optionen - sowohl einem CASTOR-Transport nach Ahaus als auch an der Planung eines Neubaus in Jülich. Doch während bei der Neubau-Planung kein Vorankommen erkennbar ist, soll nun im Oktober eine sogenannte CASTOR-Probefahrt mit leeren Behältern nach Ahaus rollen. Mit einer solchen Probefahrt würden letzte Bedingungen zur Genehmigung erfüllt und daher ist noch in diesem Jahr mit einem CASTOR-Transport von Jülich nach Ahaus zu rechnen.

Für die Genehmigung dieses CASTOR-Transports durch das Atommüll-Bundesamt (BASE) fehlt nur noch der Nachweis der "Kalthandhabung", so Jörg Kriewel, Pressesprecher der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen (JEN). Noch in diesem Jahr sei laut Kriewel mit einer Genehmigung für den CASTOR-Transport zu rechnen. Benötigt würden laut Projektplanung insgesamt zwei Jahre für den Transport aller 152 CASTOR-Behälter. Der gesamte Transport sei "unfaßbar gut gesichert", so Kriewel. Noch nie sei bei einem solchen Transport etwas passiert.

In Jülich befinden sich 152 CASTOR-Behälter mit etwa 300.000 Brennelemente-Kugeln aus dem früheren Jülicher AVR-Versuchsreaktor. Bereits 2013 war die Aufbewahrungs-Genehmigung dort abgelaufen. Seitdem wurden munter die verschiedensten Optionen diskutiert, was mit diesem Atom-Müll geschehen solle - ohne jegliche Konsequenz. Der Bau eines neuen Lagers wird so seit zehn Jahren verhindert. Das jetzige Jülicher Lager dürfte eigentlich gar nicht weiterbetrieben werden. Bereits seit 2014 gibt es eine Anordnung zur Räumung.

Verhindert werden kann der CASTOR-Transport nach Ahaus durch eine Klage der Stadt Ahaus beim Oberverwaltungsgericht in Münster. Die Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) erklärt dazu, daß diese Klage, die seit 2016 anhängig ist, in Bezug auf die Aufbewahrung des Jülicher Atommülls in Ahaus zunächst eine aufschiebende Wirkung für den Transport habe. Lägen dann alle Transportgenehmigungen durch die JEN vor, könne eine "sofortige Vollziehung" beim BASE beantragt werden. Gegen diese könne aber wiederum im Eilschutzverfahren geklagt werden.

Im Falle Neubau ist die Erdbebensicherheit offenbar behördlich geklärt. Ein "Problem" sei jedoch das nötige Genehmigungsverfahren. Hier wird erkennbar, wer blockiert. Denn es fehlt bislang eine Genehmigung des BASE, daß das bestehende - sicherheitstechnisch völlig unzureichende - Lager für die Zeit eines Neubaus weiter betrieben werden dürfe. Bislang ist der Weiterbetrieb - mangels Alternative - allerdings auch ohne Genehmigung möglich. Wegen der Blockade des BASE verweigert die JEN einen Baubeginn. Bis zur Fertigstellung eines neuen Lagers mit 3 Meter dicken Wänden wird von offizieller Seite ein Zeitraum von sage und schreibe neun Jahren veranschlagt. Die ursprünglich vorgesehenen drei Jahre seien "unrealistisch".

Offensichtlich favorisiert auch der Bund die Schein-Lösung eines CASTOR-Transports nach Ahaus. Eine entscheidende Rolle hierbei spielen angeblich wirtschaftliche Erwägungen. Ein Neubau in Jülich werde mit 550 Millionen Euro veranschlagt. Pro forma hat sich die NRW-Landesregierung hingegen für den Neubau ausgesprochen. Sie hat sogar im laufenden Haushaltsjahr der JEN für dieses Bauvorhaben eine sogenannte Einzelermächtigung erteilt, um ein entsprechendes Grundstück kaufen zu können. Dieses ist sogar bereits identifiziert und fest reserviert.

Die Bürgerinitiative 'Kein Atommüll in Ahaus' zweifelt allerdings mittlerweile an der Ernsthaftigkeit der NRW-Landesregierung, sich konsequent gegen die CASTOR-Transporte zu stellen. In einem Brief an Ministerpräsidenten Hendrik Wüst fragt die BI: "Welche Schritte haben Sie unternommen bzw. gedenken Sie zu unternehmen, um diese Absicht umzusetzen? Die Bereitstellung eines Grundstücks reicht dafür offenbar nicht aus." Die Landesregierung habe als Beteiligte am Forschungszentrum Jülich und an der JEN genug Einflußmöglichkeiten auf die Entscheidungen, heißt es weiter. Eine Antwort von Ministerpräsident Wüst steht derzeit aus.

Die Hauptargumente der BI gegen die Castor-Transporte: Der atomare Müll müsse nach Ablauf der Betriebsgenehmigung des Lagers in Ahaus im Jahr 2036 nach Jülich zurück. Auch stünde in Ahaus keine "Heiße Zelle" zur Verfügung, die für Reparaturen von defekten CASTOR-Behältern nötig ist. Hinzu kommt, daß die enthaltenen rund 300.000 Brennelemente-Kugeln vor der Einlagerung in ein sogenanntes Endlager abgereichert und konditioniert werden müßten - auch dies ist derzeit nur in Jülich möglich.